Ich fühle, dass ich dir einen Teil meiner Geschichte erzählen darf...
Das Erinnern an diesen Lebensabschnitt berührt mich noch immer so sehr, dass ich während dem Schreiben zu Tränen gerührt bin und gleichzeitig kaum in Worte fassen kann wie dankbar ich bin, dass ich diese Erfahrungen machen durfte:
Vor einigen Jahren habe ich durch eine Krankheit alles verloren, was mich als Mensch bis dahin ausgemacht hat. Mein hübsches Aussehen, meine Gesundheit, meine Kraft zum Arbeiten, Musizieren und Sport machen, meine Konzentrationsfähigkeit, so wie auch das Gefühl, verbunden zu sein mit meinem Körper. Dieser Zustand war einem Gefühl von Schweben ähnlich. Er hat zur Zeit seiner stärksten Ausprägung etwa 7 Monate angedauert.
Anfangs war es einfach nur schlimm, Horror. Ich hatte solche Angst. Panik.
Mithilfe von einem Coach und zwei Therapeutinnen, habe ich gelernt, ruhig zu werden, zu vertrauen, und habe angefangen wahrzunehmen, was da eigentlich noch alles ist, wenn die schutzgebende Hülle des Körpers durcheinander geraten ist.
Ich habe die Welt ganz besonders wahrgenommen. Plötzlich hatte ich die Möglichkeit, bei etwas "hinter die Fassade zu blicken", weil ich keine körperliche Schutzfunktion hatte, die diese Wahrnehmung gefiltert oder gestoppt hätte. Es war verwirrend und faszinierend zugleich.
Es war besonders, weil ich plötzlich so viele Gefühle wahrgenommen hatte, gleichzeitig aber gar nicht mehr wusste, welche meine sind und welche von jemand oder etwas anderem ausgesendet wurden.
Ich habe gesehen, dass alles ein inneres Wesen hat. Wir Menschen, aber auch ein Tisch, eine Blume, ein Auto oder ein Tier.
Ich habe angefangen wahrzunehmen, dass ich ein Wesen bin, das nicht vergeht, auch wenn der Körper vom Gefühl her nicht da ist. Es gab in dieser Zeit, keine Minute, keine Stunde, wo der Kontakt zu meiner Seele unterbrochen war. Im Gegenteil dieser Kontakt war das Stärkste, was ich erlebte und je erlebt habe bis zu diesem Zeitpunkt. Von da an hatte ich keine Angst mehr. Ich wusste, was auch immer passiert mit mir und in meinem Leben, ich bin eine Seele und solange ich das weiss, bin ich umsorgt, geliebt und in Sicherheit.
Und ich habe erkannt, dass alles nichts weiter ist als Liebe. Dass meine Seele von dieser Liebeskraft versorgt und genährt wird. Dass alles im tiefsten Zentrum gleich ist, egal ob Mensch, Tier, Gegenstand, alt, jung, welche Sprache es spricht oder Hautfarbe es hat und egal, ob es sich liebevoll oder gewalttätig verhält. Es ist ein Wesen und im Kern ist es Liebe.
Die Verbindung mit meiner Seele und mit dieser, ich sage ihr Urkraft der Liebe, ist für mich nie wieder weggegangen. Klar ist sie nicht immer gleich stark da. Sie wird auch mal überrollt oder "überstresst" im Alltag. Aber ich weiss, sie ist da. Es braucht einen Moment der Ruhe und sie lebt wieder auf. Mit jedem Jahr, mit jedem Monat bleibt sie länger und präsenter für mich da in meinem Alltag.
Aus dieser Verbindung mit meiner Seele und aus diesem Zustand der Liebe gestalte, musiziere, schreibe und begleite ich. Liebe die einfach ist, Liebe die stärker ist als alles was sonst noch existiert, Liebe die frei ist und Liebe, die einfach wahrnimmt und zulässt, was zu diesem Zeitpunkt ist und sich zeigt.
Wenn ich zurück schaue weiss ich, dass die Monate mit diesen starken Symptomen eine Zeit der Veränderung waren. Veränderung in meinem Innern. Alles hat sich neu geordnet und ist zuerst sehr durcheinander geraten. Seit dieser Zeit ist vieles passiert und alles zu einer neuen Ordnung gekommen.
Ich kann sagen, dass ich durch meine Krankheiten sehr viel gelernt habe und auch weiterhin jeden Tag lerne.
Sie sind nicht ganz weg, aber wir sind in einem liebevollen Kontakt: Die Krankheiten und ich, meine Medikamente und ich, mein Körper und ich. Ja ich bin auch mal wütend über die ganze Situation. Möchte auch einfach mal ganz frei sein. Keine Medikamente nehmen müssen, nicht so gut aufs Essen schauen müssen, etwas weniger feinfühlig sein,... Aber ich weiss, dass meine Gesundheit meine beste Lehrerin ist. Und das macht mich wieder ruhig und dankbar.
So vieles ist schon besser geworden in den letzten Jahren. Ich brauche nur noch eine minimale Dosierung an Medikamenten und fühle mich wieder vital und gesund.
Und das wohl wichtigste für mich ist, dass ich durch meine Krankheiten gelernt habe zu lieben. Mich selbst, die Wesen um mich und mein Leben. Freier und freier.
Wir sind und so sind wir es Wert geliebt zu sein. Das ist es was ich dir zum Schluss sagen möchte:
Du bist es Wert, dich zu lieben wie du bist. Einfach so, wie du jetzt gerade bist.
Liebe ist. Was immer du tust, wo immer du bist, Liebe ist.
Für dich, für mich, für alle. Liebe ist.
Es ist dir erlaubt, sie zu fühlen, sie zu nehmen und sie zu geben. Liebe ist.
(Solal)